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Dem Krieg entflohen: Ukrainischer Tennis-Star trainiert in Espenhain!

Sie ist erst elf Jahre alt, gilt aber bereits als eine der besten Nachwuchs-Spielerinnen Europas: Anastasia Nikolaieva, Kriegsflüchtling aus der Ukraine. Der Espenhainer Vereinschef Dierk Scheinert kümmert sich um ihre Familie und ermöglicht dem Mädchen beste Trainingsbedingungen.

Menschen, die der Kriegshölle entkommen sind, benötigen zunächst das Elementarste: ein Dach überm Kopf, die Möglichkeit zu essen, zu trinken, sich zu waschen. Weil viele nur das dabei haben, was sie am Leib tragen, brauchen sie auch Kleidung. Wer wüsste das besser als Dima Nikolaiev und seine Frau Viktoria. Beide, Mitte 30, kommen aus der Ukraine.

Gefühlt noch wichtiger als das tägliche Brot ist dem Paar, dass Töchterchen Anastasia, genannt Nastia, Sport treiben kann. Ein Luxusproblem? Mitnichten. Die Elfjährige gilt als größte Nachwuchshoffnung der Ukraine. Die in ihrer Altersklasse beste Tennisspielerin des Landes muss jeden Tag trainieren – und das mehrmals. Ein Tennis spielender Flüchtling?

Was für manchen ungewohnt klingen mag, kann Dierk Scheinert gut verstehen. Der Professor für Gefäßmedizin und Klinikdirektor in Leipzig hat zwei Söhne, die ambitioniert Tennis spielen: Tobias, 17, und Lucas, 15. Auch er selbst ist leidenschaftlicher Sportler. Als solcher gründete er das Tennisleistungszentrum in Espenhain – aus dem Boden gestampft in nur neun Monaten.

Wie Phönix aus der Asche. Ein Ausdruck, der oft inflationär gewählt wird. In Espenhain aber trifft er zu. Denn dort, wo sich einst alles um Kohle drehte, wird heutzutage Tennis gespielt. Seit August 2020 gibt es den hochmodernen Komplex mit Vier-Felder-Halle, sieben Sandplätzen und Athletikraum. Das Wimbledon Mitteldeutschlands fungiert als Kaderschmiede.

Als Dierk Scheinert von der kleinen Nastia hörte, die mit ihren Eltern, Großmutter Valentina und Bruder Daniil im Landkreis Leipzig ankam, reagierte er sofort. Auf eigene Kosten mietete er für die fünfköpfige Familie eine Wohnung an und ermöglicht der Tennisspielerin das Üben. Trainiert wird sie von Bastian Trinker. Der 31-jährige Ex-Profi war die Nummer 4 in Österreich.

Im ATP-Turnier in Wien verlor er gegen keinen geringeren als Sascha Zverev nur denkbar knapp – 7:5 im dritten Satz. Der Espenhainer Chefcoach hält große Stücke auf Nastia, die einst mit vier Jahren begonnen hatte: „Sie ist ein Wettkampftyp, will alles gewinnen.“ Er werde mit ihr vor allem an der Technik feilen, verrät der Trainer.

Die Hilfsbereitschaft ist groß

Zweimal pro Tag schmettert sie mit Sonya Kucherova um die Wette. Die 13-Jährige kam ebenfalls vor wenigen Tagen aus der Ukraine. Begleitet wird sie von Papa Leonid und Mama Ina. Mit dem Auto sind die Kiewer in Schkeuditz eingetroffen. Dort haben sie auch eine Bleibe gefunden. Friedrich Hiebel, Landesmeister der U14, parliert auf Englisch mit dem Mädchen.

„Sonya hat mir gesagt, dass ihre Schule nicht mehr steht“, zeigt sich Friedrich entsetzt. Er spiele das erste Mal mit Kriegsflüchtlingen, gesteht der Bad Lausicker. Sein Vater Thomas findet das Engagement des Espenhainer Vereinspräsidenten bemerkenswert: „Dierk Scheinert und seine Frau Susanne bieten den beiden Ukrainerinnen beste Trainingsbedingungen.“

Dierk Scheinert winkt nur ab: „Die Hilfsbereitschaft ist allgemein groß. Viele meiner Nachbarn nehmen bei sich Flüchtlinge aus der Ukraine auf. Ich bin da kein Einzelfall.“ Er nutze die Kontakte auch, um sein Schul-Russisch aufzufrischen, schmunzelt er. Nastias Eltern nicken dankbar. Hinter der Scheibe verpassen sie keinen Aufschlag ihrer Tochter.

Espenhainer Verein hat große Pläne

Als das nahe Atomkraftwerk angegriffen wurde, wartete Viktoria Nikolaieva keine Sekunde. Mit Sohn und Mutter verließ sie die Stadt in der Zentralukraine. Über Moldawien und die Slowakei schlugen sie sich bis nach Deutschland durch. Hier warteten bereits ihr Mann Dima und Tochter Nastia, die unterwegs bei einem Turnier waren.

Gut 100 Mitglieder ist der Tennisverein stark. Auch wenn er Arzt ist, halte er nichts von der Bezeichnung „Weißer Sport“. Gegen Gebühr könne in Espenhain jeder einen Termin buchen. Ungeachtet dessen spiele der Leistungssport auf der Anlage eine wichtige Rolle. Der Muldentaler Tristan Nitschke (20), der bestplatzierte deutsche Spieler in Sachsen, trainiert hier täglich.

Marius Zweigart, mehrfacher Sachsenmeister, konnte als Trainier gewonnen werden. Genau wie der Weißrusse Aliaksandr Bulitski soll er helfen, den Aufstieg der Männer in die Regionalliga zu schaffen. Die Damen wollen noch in diesem Jahr in die Ostliga. In Espenhain werden Ranglistenturniere veranstaltet und demnächst auch die Deutschen Meisterschaften der U12. Da es sich um ein offenes Championat handelt, ist auch Nastia spielberechtigt – vorausgesetzt, sie schafft die Qualifikation. Davon allerdings ist Präsident Scheinert überzeugt: „Sie würde dann für den sächsischen Tennisverband starten und im besten Fall für Espenhain siegen.“ Ende April fliegt sie mit ihrem Vater zunächst nach Athen.

Einladungsturnier in Athen

Bei dem Turnier in der griechischen Hauptstadt treten die besten 20 Spielerinnen Europas an. Nastia und ihr Papa sind vom Veranstalter eingeladen, müssen weder für Flug noch Hotel bezahlen. Sportwart Tim Wittig: „Scouts und Sponsoren wollen dort die zukünftige Wimbledon-Gewinnerin sehen. Eine der 20 Mädchen schafft das bestimmt.“ Vielleicht sogar Nastia?

Quelle: LVZ Borna-Geithain
Autor: Haig Latchinian
Foto: Jens Paul Taubert

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